Kommentar Ideen sollten zählen

Berlin, 01.06.2011

Firmen sollten sich mehr um Produkte als um Geldgeschäfte kümmern. Voraussetzung dafür ist eine andere Renditeerwartung, sowohl was die Höhe als auch was den Zeithorizont der Anleger angeht.  Schließlich haben exorbitante Gewinne  mit Finanzspekulationsgeschäften im vergangenen Jahrzehnt das gesamte Renditegefüge in der Weltwirtschaft verändert, zu Lasten der realen Produktion, guter Ideen und der Beschäftigten.

Warum auch sollte ein Unternehmen mühselig und obendrein noch riskant in neue Produkte investieren, wenn an dem Finanzmarkt mit Geldgeschäften viel mehr zu verdienen war? . Diesen unseligen Trend verstärkten Eigentümer, wenn sie ihren Managern in immer kürzeren Perioden immer höhere Ausschüttungen abverlangten. Kein Wunder, dass die Entwicklungsbudgets vieler Unternehmen magersüchtig waren. Während des Booms an den Finanzmärkten verdienten eben nicht nur Banken, sondern auch viele Unternehmen Unsummen mit Finanzgeschäften. Bei vielen Unternehmen lieferten die Handelsabteilungen die größten Gewinne ab. Und viele Banken investierten lieber in die Anleihen zweifelhaft wirtschaftender Staaten als in neue Ideen von Absolventen der Universitäten.

Nach der gleichen Logik verhielten sich Familienunternehmer, entschieden sich für einen Verkauf der Firma und eine anschließende Anlage der Erlöse an der Börse, bei privaten Beteiligungsgesellschaften oder Hedgefonds. Und bei vielen Unternehmern alten Schlags nagten Zweifel, ob sie wirklich noch die richtige Strategie verfolgten. Es ging wahrlich verrückt zu in dieser Zeit: Viele Menschen mit neuen Ideen bekamen bei ihren Banken kaum Geld für neue Unternehmungen, obwohl so vie Geld wie noch nie auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten um den Globus floss. Doch die Finanzierung neuer Ideen erschien vielen riskanter als der Kauf eines neuen Finanzprodukts. Der Zeitgeist arbeitete gegen die sogenannte reale und für die Finanzwirtschaft. Eine Trendwende war überfällig  - denn letztlich werden all. e Werte von Menschen, Maschinen oder Tieren erwirtschaftet. Und für die Entwicklung vieler Zukunftsprodukte wie einen benzinfreien Autoantrieb brauchen die Unternehmen einen langen Atem - Quartalsdenken lähmt.



Ein Umdenken ist dringend notwendig.  Davon könnte besonders die deutsche Volkswirtschaft profitieren, in der es trotz aller Veränderungen bis heute eine starke industrielle Basis mit vielen Tausen die den kleinen und mittelgroßen Unternehmen gibt, ganz im Gegensatz beispielsweise zur englischen Volkswirtschaft, die in einem beispiellosen Ausmaß seit den achtziger Jahren auf die Finanzwirtschaft gesetzt hat und von deren Wohl extrem abhängig geworden ist. Wie richtig der deutsche Weg war, zeigt die Erholung nach der Finanzkrise. Die Wirtschaft brummt, der Arbeitsmarkt für Fachkräfte ist schon fast leegefegt.