IWF Die unhinterfragen Sanierer

Berlin, 09.10.2012

Wenn der Internationale Währungsfonds wie heute seinen Jahresbericht vorlegt, schaut die Welt auf die Organisation. Der IWF ist schließlich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges der wichtigste Krisenmanager, meistens in Entwicklungsländern, heutzutage aber auch in Griechenland. Was ist das für eine Organisation und wessen Interessen vertritt sie? Lesen Sie dazu einen Kommentar von mir in der WDR-Sendung Mosaik.

Deutschland müsste sich in diesen Tagen mit dem Internationalen Währungsfonds herumschlagen, wenn die Organisation noch ihren Ursprungsauftrag verfolgen würde und sich vor allem um wirtschaftliche Ungleichgewichte kümmern würde. Dafür gibt es im Jahr 2012 zwei Hauptkandidaten: Deutschland und China mit ihren großen Leistungsbilanzüberschüssen. Ursprünglich hatten die Politiker den IWF 1944 nämlich geschaffen, weil Märkte oft nicht störungsfrei funktionieren. Längst verfolgt der IWF eine andere Agenda: Seit der Freigabe der Wechselkurse von Währungen Anfang der Siebziger hat er die Aufgabe eines Wächters über das neue Währungssystem erhalten. Vor allem jedoch veränderte der IWF seine Vorgehensweise, weil sich eine einseitig neoliberale Sichtweise in der Organisation durchsetzte.  Das zeigte sich in den Achtzigern bei der Schuldenkrise in Entwicklungsländern und später nach dem Zusammenbruch des Kommunismus.Die Berater des Fonds verordneten den hilfesuchenden Regierungen stets die gleiche Medizin: weniger staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und eine Öffnung ihrer Märkte für ausländische Konkurrenz und Kapital. Hätte sich der IWF durchgesetzt, wären beispielsweise auch in Deutschland die Sparkassen längst privatisiert worden.

Regelmäßig ignorierte der IWF Bedenken. So gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Liberalisierung des Kapitalmarktes das Wirtschaftswachstum ankurbelt. Freie und unkontrollierte Märkte sind eben weder effizient noch stabil. Es wäre jedoch falsch, alle Fehler dem IWF allein anzulasten. Immer wieder haben dominierende Staaten wie die USA ihre Wünsche bei dem Fonds durchgesetzt. So bekam Indonesien unter seinem Diktator Suharto Kredite, trotz mehrfacher Berichte von IWF-Mitarbeitern über private Bereicherung des Machthabers. Berichte über den kleptokratischen Diktator Mobutu blieben unter Verschluss. Häufig waren  private westliche Banken die Hauptnutznießer der Hilfen des IWF für Entwicklungsländer, weil sie ihr Geld zurück erhielten.

Unter den Nebenwirkungen der auferlegten Kreditkonditionen litt meist die Bevölkerung, beispielsweise wenn Regierungen als Gegenleistung für IWF-Kredite Subventionen streichen mussten, ob für Nahrungsmittel, Brennstoff oder Gesundheit.

Der IWF vertritt regelmäßig die Interessen der  westlichen Wirtschaftsnationen. Anders als in den meisten anderen Organisationen der Vereinten Nationen gilt eben beim IWF nicht das Prinzip: ein Land, eine Stimme. Stattdessen richtet sich der Stimmanteil nach dem Kapital, welches die Staaten bei dem Fonds gezeichnet haben. Eine Reform 2010 hat aufstrebenden Schwellenländern wie China mehr Einfluss gebracht. Die Hauptkunden des IWF – die Entwicklungsländer - sind jedoch weiter unterrepräsentiert. Und die USA allein oder die EU-Staaten gemeinsam verfügen immer noch über ein Vetorecht. Eine Institution wie der IWF wird jedoch nicht einfach von „den“ reichen Industriestaaten beherrscht, sondern insbesondere von Sonderinteressen der Handels- und Finanzwelt in diesen Ländern.

Die Proteste der Globalisierungsgegner gegen den IWF in den Neunzigern brachten keine Kursänderung. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Westen ist das Scheitern der marktradikalen Ideologie offensichtlich. Und jetzt endlich gibt es auch Anzeichen für ein Umdenken beim IWF. Beschäftigung und Gleichheit seien die Grundsteine von wirtschaftlicher Stabilität, Wohlstand, politischer Stabilität und Frieden, heißt es plötzlich. Das sind neue Töne. Hoffentlich folgen ihnen neue Taten.